Essen – So., 27.08.2023, 19:30

Rot-Weiss Essen vs SC Preußen Münster 1:0

Stadion an der Hafenstraße, 18.677 Zuschauer, 3.Liga
Vom Wasserturm ging es direkt an die Hafenstraße, wo ich heute in den Business-Bereich eingeladen war. Neben freiem Konsum vom Buffet und Stauder ohne Limit, ermöglichte mir dieses eine andere Perspektive auf das ganze Geschehen, da sich mein Dauerkarten-Sitz ja gegenüber der Haupttribüne befindet. Die Preußen aus der Stadt der Studenten und Fahrräder sind aktuell möglicherweise der unbeliebteste Gegner des glorreichen Deutschen Meisters von 1955. Den ‚Stellenwert‘ des FC Meineid oder unserer rot-blauen Freunde aus dem Tal der fliegenden Messer haben sie zwar noch nicht erreicht, aber bedingt durch vergangene Aufeinandertreffen, die ja nicht nur auf sportlicher Ebene brisant waren, sowie einige von den Preußen geschürte Störfeuer im Laufe der vorletzten Saison, als sich beide Vereine ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Aufstieg lieferten (natürlich mit dem besseren Ende für die Roten), hat sich schon eine angemessene gegenseitige Antipathie entwickelt. Vor beinahe ausverkauftem Haus sollte also ein neues Kapitel in dieser Liebesbeziehung aufgeschlagen werden, denn aus dem Münsterland war natürlich ein ordentlich motivierter Mob angereist. Während mein regulärer Platz räumlich näher zum Away-Sektor liegt als zur Westkurve, waren heute umgekehrte Voraussetzungen der Fall. So bekam ich auch mal einen ehrlichen Eindruck vom RWE-Support, denn im Normalfall nehme ich den Gästeanhang ja subjektiv besser wahr, als den rot-weissen Pöbel. Die Kulisse gab dem Spiel jedenfalls einen würdigen Rahmen, mir haben beide Kurven gut gefallen.
Eine großartige Anlaufphase brauchten beide Mannschaften nicht, es entwickelte sich direkt eine intensive, großenteils ausgeglichene Partie, in welcher der RWE aber zunächst die besseren Möglichkeiten herausspielte. Es krankt aber weiterhin an Torjäger-Qualitäten, es werden einfach zu viele Chancen benötigt, um die Murmel mal ins Netz zu befördern. Rot-Weiss-Schnapper Golz blieb in Hälfte eins eigentlich ziemlich beschäftigungslos, musste aber doch einmal sein ganzes Können aufbieten, um einen Rückstand zu verhindern. Torlos ging es in die Halbzeit. Da es mittlerweile ziemlich dunkel wurde, machte der Preußen-Anhang zum Wiederbeginn mal etwas Licht im Block. Es gab eine schöne Zündel-Show mit Bengalfackeln in grün, weiß und rot und etwas grünem Rauch zu sehen. Weniger schön war, dass Leuchtspur oder Raketen – vermutlich beabsichtigt – in benachbarte Blöcke der Gegentribüne geschossen wurden. Dass das lebensgefährlich ist, brauche ich ja nicht extra zu erwähnen, und bei aller Begeisterung für Pyro-Aktionen fehlt mir für sowas jegliches Verständnis. Mit Tifo hat das ja auch weniger als gar nix zu tun und der Referee unterbrach die Partie für eine kurze Zeit, bis sich die Lage beruhigt hatte. Aus diesem Grunde und auch, weil es im weiteren Verlauf des zweiten Durchgangs immer mal wieder vereinzelt loderte, werden die Adler wohl einen entsprechenden Deckel vom Verband bekommen.
Auch in der zweiten Halbzeit ging es hin und her. Die Gäste erspielten sich nun auch mehr Gefahrenmomente in der Box, aber Jakob Golz scheint momentan unbezwingbar. Natürlich hatte entgegen meiner Hoffnung wieder Isi Young den Vorzug vor Leo Vonic bekommen. Und natürlich blieb Isi auch heute wieder weit hinter seinen Möglichkeiten. Zu meiner Verwunderung schaffte es unser Trainer-Genie aber heute mal früher zu wechseln. Vonic eröffnete sich zwar heute keine wirklich gute Torchance, aber dennoch strahlte er erneut mehr Gefahr aus als der glücklose US-Amerikaner. Die Kölner Leihgabe Obus nagelte die Kirsche kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit an den Außenpfosten, es sollte einfach nicht sein. Sechs Minuten Zugabe waren vorrangig der Pyro-Unterbrechung, aber auch einer Wiederaufforstungsmaßnahme des weiterhin üblen Untergrundes geschuldet. Vielleicht weltweit einzigartig, dass der Unparteiische für drei Minuten unterbrach, damit der Platzwart mit seiner Helferschar, das Spielfeld stürmen konnte, um die gröbsten Schäden vorübergehend zu beseitigen. Thomas Eisfeld war der mangelhafte Zustand des Spielfeldes aber egal, als er in der dritten Minute der Nachspielzeit im Strafraum ein feines Zuspiel von Harenbrock bekam, das Spielgerät mit Mach 2 schnörkellos unter den Querbalken jagte und die Hafenstraße damit zur Explosion brachte. Dieser Treffer war nicht nur wertvoll, weil er endlich den ersten Saisonsieg brachte, sondern vor allem psychologisch befreiend. Im besten Falle kann es der Brustlöser gewesen sein, in den kommenden Partien etwas befreiter aufzutreten.

Essen – So., 27.09.2023, 15:00

DJK Adler-Union Frintrop vs SV Sonsbeck 0:2

Sportanlage am Wasserturm, 500 Zuschauer, Oberliga Niederrhein
Wieder zog es mich zum schönsten Wasserturm der Welt, um den Adlern bei ihrem Flug durch die Oberliga beizuwohnen. Am dritten Spieltag der noch jungen Saison trafen die noch ungeschlagenen Gastgeber auf die noch sieglose Elf vom Niederrhein. Vor erneut ansehnlicher Kulisse zeigten beide Teams eine ansprechende Partie auf Augenhöhe. Chancen gab es hüben wie drüben, dennoch ging es torlos in die Pause. Eigentlich die zweite Pause, denn nach einer halben Stunde Spielzeit musste der Kick bereits aufgrund eines aufziehenden Gewitters für eine Viertelstunde unterbrochen werden. Eine feste Überdachung oder ähnliches sucht man auf der Anlage ja vergebens, daher suchten die Anwesenden Schutz unter irgendwelchen Pavillons oder im schmalen geschützten Bereich vor dem Kabinentrakt. Sah irgendwie einigermaßen witzig aus, wie sämtliche Zuschauer mehr oder weniger erfolgreich versuchten, ihren Arsch ins Trockene zu retten. Auch der zweite Durchgang zeigte eine ausgeglichene Partie, in der die Gäste ihren mitgereisten Anhang zwei Mal jubeln ließen und damit das Quäntchen Glück auf ihrer Seite hatten, um den ersten Dreier der Saison einzufahren.

Köln – Mi., 23.08.2023, 19:00

FC Viktoria Köln vs Rot-Weiss Essen 0:0

Stadion im Sportpark Höhenberg, 6.089 Zuschauer, 3.Liga
Bei einem erzielten Remis spricht man je nach Spielverlauf von einem Punktgewinn oder Punktverlust. Im aktuellen Fall handelt es sich aus rot-weissem Blickwinkel definitiv um einen Punktgewinn. Allerdings war eben dieser erreichte Zähler auch das einzig Positive, was man dem Auftritt abgewinnen konnte. Meine Erwartung wurde damit allerdings übertroffen, denn ich hatte mit einer unaufgeregten Niederlage gerechnet. In den ersten zwanzig Minuten gestaltete der RWE die Partie weitestgehend ausgeglichen, dann verlagerten sich die Kräfteverhältnisse langsam aber stetig zugunsten der Gastgeber, die sich nun Möglichkeiten zur Führung erarbeiteten. Bei einer Dreifach-Chance kurz vor der Pause parierte Schnapper Golz zwei Mal stark, beim dritten Schussversuch blockte Müsel den Kölner Schützen erfolgreich. Vorausgegangen war ein Fehler von Kourouma, der für den verletzten Kapitän Bastians in die Startelf gerückt war, und in mehreren Situationen etwas abenteuerlich unterwegs war. Die Defensivreihe ist aufgrund diverser Ausfälle mittlerweile arg gerupft, die Alternativen rar und damit aktuell die Sollbruchstelle. Auch der hochgelobte Götze, der in die Innenverteidigung zurückgezogen wurde, hatte unbedrängt einige fragwürdige Aktionen. Das Mittelfeld präsentierte sich wenig kreativ und Neuzugang Sapina, der sogenannte ‚Königstransfer‘, zeigte sich einige Male fahrlässig lässig und unkonzentriert. Vorne drückt der Schuh ja sowieso durch das Fehlen eines echten Torjägers. Doumbouya kann Räume schaffen und Bälle festmachen, ein Knipser ist er nicht. Berlinski betreibt hohen läuferischen Aufwand mit unwesentlichem Erfolg, Isi Young war wieder einmal… nun ja… bemüht. Dass der junge Kroate Vonic in seinen zehn Einsatzminuten (wieder einmal) torgefährlicher war als Young, dürfte auch Coach Dabrowski nicht verborgen geblieben sein, wird ihn vermutlich aber nicht in seinem Festhalten am glücklosen und oft etwas unbeholfenen US-Amerikaner beeinflussen.
Der zweite Durchgang wurde deutlicher. Eigentlich gab es nur noch eine Richtung und zwar zum von Jakob Golz gehüteten Tor. Und gehütet trifft es auf den Punkt, denn was der Sohn von HSV-Legende Richard parierte und entschärfte, verdiente beinahe das Prädikat ‚Weltklasse‘. So war die Torwart-Position auch die einzige auf der sich die Roten ihrem heutigen Gegner überlegen zeigten. Auf der Gegenseite hätte der glorreiche Deutsche Meister von 1955 die Partie sogar noch auf den Kopf stellen können, aber zwei gute Möglichkeiten wurden leider nicht genutzt. Es war schon vor dem Saisonstart klar, dass es auch in dieser Spielzeit nur darum geht, die Klasse irgendwie zu halten, und das wird schwer genug. Ich würde es begrüßen, wenn Trainer Dabrowski dabei irgendwie mehr Flexibiltät und Kreativität vermitteln würde, vermisse das aber weiterhin deutlich und nach – saisonübergreifend – nun elf Punktspielen ohne Sieg, darf man diese Position auch weiterhin in Frage stellen. Ich vermisse am meisten die Fähigkeit, auf sich im Spiel ergebende Problematiken zügig in Form von Anpassungen, Umstellungen oder auch frühen Auswechslungen zu reagieren. Man hat eigentlich nie das Gefühl, dass sich im Laufe eines Spiels in der rot-weissen Performance überraschende positive Momente ergeben können. Die rot-weisse Fangemeinde bleibt dennoch weiter positiv und steht hinter dem Team. Das ist auch richtig und gut so. Die Hälfte der anwesenden Zuschauer war aus dem Ruhrgebiet angereist, man kann erahnen, was möglich ist, wenn sich Konstanz und größerer Erfolg einstellen würden. Danach sieht es aktuell nicht aus und es wird weiter darum gehen, Woche für Woche irgendwie alles rauszuhauen, um die nötigen Punkte zu ergattern.

Essen – So., 20.08.2023, 19:30

Rot-Weiss Essen vs FC Erzgebirge Aue 1:1

Stadion an der Hafenstraße, 15.117 Zuschauer, 3.Liga
Mit geringen Erwartungen ging ich ins erste Heimspiel der neuen Drittliga-Spielzeit. Vor dem Spiel äußerte ich, dass ich mit einem Punkt leben könnte, damit aber dennoch nicht zufrieden sein würde. Und genauso fühlte es sich dann nach dem Schlusspfiff auch an. Die Roten machten auf sehr schwierig zu bespielendem, weil neu eingesätem und noch nicht gut angewachsenen Geläuf gar kein schlechtes Spiel, aber aufgrund bekannter Unzulänglichkeiten reichte es nicht für den Heimsieg, obwohl hoher Aufwand betrieben wurde. Im ersten Durchgang waren die Erzgebirgler ein gleichwertiger Gegner, der nach etwas mehr als einer Viertelstunde durch Ballgewinn in eigener Hälfte nach einem RWE-Einwurf einen blitzsauberen Konter fuhr, welcher nach feinem Steilpass erfolgreich abgeschlossen wurde. Dabei schalteten die Lila-Weißen schnell um, suchten mit präzisen Pässen den direkten Weg zum Tor. Zwei Faktoren, die den Rot-Weissen aktuell völlig abgehen. Zudem hätte eine clevere Mannschaft spätestens an der Mittellinie ein taktisches Foul gezogen, um den schnellen Gegenstoß zu unterbrechen. Es gibt einfach zu viele Mängel im Essener Spiel. Der Ausgleich nach einer halben Stunde war dennoch verdient, denn Bemühen und Einsatz waren dem Team nicht abzusprechen. Lucas Brumme, der vielleicht beste Neuzugang, setzte sich auf dem linken Flügel durch und bediente Müsel, der die Kirsche technisch anspruchsvoll versenkte.
Im zweiten Durchgang schaltete der glorreiche Deutsche Meister von 1955 einen Gang hoch, auch begünstigt von einem nun defensiveren System der Gäste. Viele Torchancen konnten dennoch nicht kreiert werden, womit wir wieder beim hohen Aufwand wären. Die Gäste-Abwehr schmiss sicher erfolgreich in die Schussversuche der Gastgeber, die dazu – vorrangig (mal wieder) in Person von Isi Young – offensiv äußerst unglücklich agierten. Die Sachsen nahmen schließlich einen vielleicht nicht vollends verdienten, aber clever erkämpften Punkt mit nach Hause. Der schlechte Zustand des Rasens erschwerte die Aktionen zusätzlich und führte zu einer schweren Verletzung eines Auer Spielers. Auch die Adduktorenproblem, aufgrund derer Bastians im zweiten Durchgang raus musste, dürften durch den Untergrund begünstigt worden sein. Wer nun auf die Idee gekommen ist, Behandlungspausen für die Spieler als Werbeaufhänger zu nutzen („Diese Verletzungsunterbrechnung wird präsentiert von…“) kämmt sich morgens wohl auch mit dem Hammer. Was passiert nur in der Chef-Etage dieses Vereins – da weiß man nicht mehr ob man lachen, weinen oder sich einfach nur schämen soll. Knapp 300 Leute hatten aus dem Erzgebirge rüber gemacht. Keine überragende Zahl, aber 500 Kilometer Heimfahrt nach einem späten Sonntagsspiel schrecken viele ab, die montags früh die Schüppe in die Hand nehmen müssen. Der Spielplanleiter der 3.Liga gehört auch geteert und gefedert und der groß gefeierte Verzicht auf das Montagsspiel ist angesichts solcher Entfernungen an einem Sonntag-Abend auch nur die Hälfte wert.

Herzebrock-Clarholz – Sa., 19.08.2023, 17:00

TSV Victoria Clarholz vs VfL Sportfreunde Lotte 0:0

Holzhofstadion, 280 Zuschauer, Oberliga Westfalen
Knapp bemessen war die Fahrzeit von Willingen nach Ostwestfalen. Die pünktliche Ankunft wäre trotzdem erfolgt, wenn ich mich nicht geschickt zum falschen Spielort navigiert hätte. Ja, im Alter lässt die Aufmerksamkeit nach. Mit ein paar Minuten Verspätung betrat ich also das kleine Stadion des TSV, in dem die Mannschaft vom Lotter Autobahnkreuz ihre Aufwartung machte. Unterstützt wurde diese von insgesamt etwa 40 mitgereisten Anhängern, davon ein gutes Dutzend aktive Supporter. Nicht viel größer zeigte sich die Anzahl der aktiven Fans auf Heimseite, von deren Existenz ich allerdings etwas überrascht war. Viel Stimmung kam natürlich dennoch nicht auf, die Gastgeber äußerten sich nur sporadisch, der Gäste-Anhang zehrte dahingehend zumindest von der Erfahrung aus höherklassigen Spielzeiten und machte etwas mehr Alarm. Sportlich hatten die Sportfreunde leichte Feldvorteile zu verzeichnen, die allerdings nicht zu drei Punkten reichten. Mit dem unattraktivsten Resultat ging die Partie schließlich zu Ende. Mit ein paar bekannten Gesichtern, auf die ich zufällig traf, wurde der Kick gekonnt verlabert.

Willingen – Sa., 19.08.2023, 14:00

SC Willingen vs SG Bad Soden 1:3

Uplandstadion, 120 Zuschauer, Verbandsliga Hessen Nord
Willingen, in den nördlichen Ausläufern des Rothaargebirges gelegen, ist ja eher bekannt für seinen etwas fragwürdigen Ruf als Ziel für Kegeltouren und Mannschaftsfahrten oder auch für das jährliche Weltcup-Springen von der Mühlenkopfschanze. Aber auch Fussball wird dort gespielt, immerhin auf Verbandsliga-Niveau. In Willingen habe ich vor einigen Jahren auch schon einmal ein Spiel des ansässigen Fußballclubs gesehen. Dieses allerdings noch im schnuckeligen Hoppecketalstadion, welches es allerdings nicht mehr gibt. Stattdessen wird nun seit 2018 im benachbarten Ortsteil Schwalefeld um Punkte gekämpft. Viel Geld wurde dort in die Hand genommen, um eine moderne und komfortable Anlage zu errichten, die allerdings auch völlig steril wirkt. Während die Gäste aus dem Taunus mit optimaler Punktzahl in die noch junge Saison gestartet waren, standen die Nordhessen noch ohne Punkte da. Das blieb auch nach den heute absolvierten 90 Minuten so. In einem offenen Spiel wussten die Kurstädter ihre Chance deutlich besser und effektiver zu nutzen, als die Gastgeber.

Essen – So., 13.08.2023, 13:00

Rot-Weiss Essen vs Hamburger SV 3:4 n.V.

Stadion an der Hafenstraße, 18.600 Zuschauer, DFB-Pokal 1.Runde
Drei Mal ging des HSV in Führung und drei Mal kam der glorreiche RWE zurück. Den vierten Streich der Norddeutschen, drei Minuten vor Ende der Verlängerung, konnten die Roten nicht mehr beantworten. Ich hatte diese Partie für mich persönlich als Bonusspiel ausgerufen, schmiss mich also ohne jede Erwartung in die Veranstaltung hinein. Rationell betrachtet, war dieses Spiel in der aktuellen Situation nicht zu gewinnen, zu groß schien der Unterschied zwischen beiden Clubs, sportlich wie psychologisch. Aber – Gruß vom Phrasenschwein – der Pokal hat halt eigene Gesetze. Mit der Niederlage kann ich dennoch leben, wie diese zustande kam nervt aber gehörig. Die Kette der individuellen Fehler in der Defensive setzte sich fort, denn mindestens drei der Gegentreffer waren vermeidbar. Am meisten ging mir der zweite Gegentreffer auf den Sack, ein Spiegelbild zum ersten Gegentreffer in Halle in der Vorwoche. Dieses Mal war Routinier Bastians der Unglücksrabe, der in ungünstiger Situation von Golz angespielt wurde und nicht die Zeit zum Abspiel fand. Jatta luchste ihm die Kirsche ab und schob trocken ein, da Golz nach seinem gewagten Abspiel nicht umgehend die zentrale Position vor der Torlinie suchte. Was soll der Mist, dass heutzutage jede beschissene Situation auch unter Druck spielerisch gelöst werden soll?! Selbst bis in die Kreisliga C werden die – oft technisch nicht sehr beschlagenen – Defensiv-Leute genötigt, die Bälle irgendwie sicher an den eigenen Mann zu bringen. Finde den Fehler. Was spricht dagegen, in diesen Situationen einfach das altbewährte Langholz auszupacken und die Murmel erst einmal humorlos in die Stratosphäre zu befördern?! Hat früher auch nicht geschadet.
Schon beim ersten Gegentor sah Alonso – mal wieder – nicht gut aus, als er nach einem Zuspiel unter Druck versuchte Jatta aussteigen zu lassen, der auch bei diesem Treffer bereits Empfänger eines Geschenks war. Müsel egalisierte den Spielstand nur wenig später per Freistoß, den die HSV-Deckung wie eine Theken-Truppe verteidigte. Auch der zweite Gegentreffer wurde umgehend beantwortet. Doumbouya verwertete ein scharfes Zuspiel von der rechten Außenbahn nach einem Konter. Als HSV-Goalgetter Glatzel dann Mitte der zweiten Hälfte einen unglücklichen Abpraller von Wiegel zur erneuten Führung nutzen durfte, war ich mir sicher, dass der RWE nicht noch einmal zurückkommt, aber Brumme besorgte nach einer schnell ausgeführten Ecke den erneuten Ausgleich per Kopf. Der HSV blieb verwundbar. Die Verlängerung blieb aber einigermaßen ereignislos, bis drei Minuten vor dem Ende Benes aus 18 Metern frei zum Schuss kam und die eher ungefährlich wirkende Kugel halbhoch links einschlug. Hätte Golz beim Schuss nicht einen kleinen Schritt in die falsche Richtung gemacht, hätte er anstatt der geöffneten Hände die Fäuste genommen, vielleicht hätte er den Ball um den Pfosten lenken können. Mit „hätte, hätte“ wurde aber noch nie Spiele gewonnen, daher muss man es nehmen, wie es ist.
Vielleicht hat der HSV nicht ganz unverdient gewonnen, es gab ja auch noch zwei Kopfbälle an die Querlatte während der regulären Spielzeit. Aber auch die Roten hatten Möglichkeiten, daher bleiben die Fehler in der Defensive für das Ausscheiden verantwortlich, was maximal ärgerlich ist. Den Pokal gewinnen kann ein Team wie RWE eh nicht, aber jede weiter Runde bringt ja nen Haufen Kohle, den der Verein gut gebrauchen könnte. Von der Stimmung war ich etwas enttäuscht, allerdings sind ja meine Erwartungen an unsere Kurve zumindest bei Heimspielen auch nicht sehr hoch. Dass das Stadion aufgrund seine Architektur nur begrenzte Hexenkessel-Voraussetzungen hat ist das eine, aber auch so gelingt es der aktiven Szene zu selten den Rest der Horde mitzureißen. Da sich mein Sitz weit weg von der Stehtribüne befindet, kann ich die Gründe dafür nicht bewerten. Das Bemühen will ich den führenden Gruppen gar nicht absprechen, auch das Liedgut ist für den sangeswilligen Durchschnitts-Fan meist praktikabel. Tatsache ist, dass oft nur eine überschaubare Gruppe sichtbar aktiv ist und das Potential der Tribüne damit seltenst ausgeschöpft wird. Der (mir räumlich näher liegende) Gästeblock war dagegen eigentlich immer gut zu vernehmen, aber auch die HSV-Kurbe bot keinen Auftritt, der mir in Erinnerung bleiben wird. Da haben mit einige Gästeauftritte von Drittliga-Rivalen in der vergangenen Saison deutlich besser gefallen. Pyro wurde von den Gästen auch etwas gezündet, ein Großteil des mitgebrachten Materials wurde aber offenbar im Zuge der Einlasskontrollen durch das Ordnungspersonal sichergestellt. Es bleibt der Eindruck, dass dieses Pokalspiel – so spannend es auch war – insgesamt irgendwie noch mehr POtential hatte.

Essen – Fr., 11.08.2023, 19:30

DJK Adler-Union Frintrop vs VfB 03 Hilden 3:2

Sportanlage am Wasserturm, 676 Zuschauer, Oberliga Niederrhein
Nach dem sensationellen Durchmarsch durch die Landesliga in der vergangen Saison war zur Eröffnung des Oberliga-Spieljahres der letztjährige Vizemeister aus Hilden zu Gast. Dementsprechend gering war die Hoffnung auf Zählbares. Die Gäste bestimmten auch direkt den Takt, aber die Adler nahmen die neue Liga schnell an und waren nach einer Viertelstunde drin in der Partie. Dennoch hatte der VfB die besseren Möglichkeiten, aber der vom ETB Schwarz-Weiss an den schönsten Wasserturm der Welt gewechselte Schnappmann Jaschin entpuppte sich als starker Rückhalt. Trotzdem gelang dem Favoriten mit dem Seitenwechsel die verdiente Führung per direktem Freistoß. Wer geglaubt hatte, die Messe sei nun gelesen, hatte sich schwer geirrt. Die Gastgeber kamen mit frischem Mut aus der Kabine und näherten sich mit sauberen Kombinationen immer wieder dem Hildener Gehäuse. Eine Viertelstunde vor Schluss war es soweit und nach einer Ecke fiel der verdiente Ausgleich. Als dann Yannick Reiners, mit dessen Vater ich während meiner schillernden Karriere selbst die Schuhe geschnürt habe, vier Minuten vor dem Ende sogar die Führung erzielte, geriet der Turm endgültig ins Wanken. Der dritte Streich per schönem Lupfer (L1 und Schusstaste an der Playsi) nach einem Konter machte den Sack zu. Der Hildener Anschluss tief in der Nachspielzeit war nur noch Kosmetik. 676 Interessierte offiziell und sicherlich mindestens 100 Leute mehr bildeten eine starke Kulisse. Sollte die Mannschaft, aus der ja viele Spieler schon in der Bezirksliga am Turm gespielt haben, weiterhin solch starke Leistungen zeigen, werden alle sicher gern wieder kommen. Das Märchen geht weiter, mittelfristig kann ja nur die Dritte Liga das Ziel sein. Ich freue mich schon auf den Ausbau des engen Platzes zum 10.000er Stadion und wenn sich dann die Massen beim Derby gegen die Roten dort drängen.