Essen – Sa., 27.05.2023, 13:30

Rot-Weiss Essen vs SC Verl 2:2

Stadion an der Hafenstraße, 15.597 Zuschauer, 3.Liga
Letzter Spieltag ohne jeden Druck. Persönlich empfand ich es sehr angenehm, mal wieder ohne große Anspannung ein Spiel der Roten schauen zu können. Die Bude war trotz Ananas-Faktor wieder sehr gut gefüllt, auch aus Verl hatten sich zwei Busladungen und einige Privatfahrer eingefunden. Das Intro der etwa 30 Aktiven unter den Gäste-Fans bot dann etwas, dass es in der Millionen Jahre währenden Geschichte unseres Planeten im kleinen Verler Mob noch nicht gegeben hatte: Verl zündete!!! Als eine Schwenkfahne über der Gruppe ausgebreitet wurde, dachte ich noch „Die tun es doch nicht wirklich…“. Und doch… sie taten es! Als der Lappen weggezogen wurde, zündeten zwei mit Sturmhauben Vermummte eine Bengal- und eine Rauchfackel. Sensation im Hause Verl! Die Aktion hatte aber einige Schwachstellen. Bei Tageslicht entfalten Bengalos nicht die gewünschte Optik und bei nur zwei Pyro-Produkten kommt so oder so keine große Wirkung zustande. Nach dem Abbrennen verzog man sich wieder unter die Fahne um die Sturmhauben abzulegen. Bei einer kleinen Gruppe ist aber die Identifizierung der Delinquenten eine Leichtigkeit, wenn diese dieselben Klamotten am Körper tragen, wie vor der Aktion. Insgesamt also nicht zu Ende gedacht, die Nummer, und was folgte war der Zugriff durch das Ordnungspersonal, was ich persönlich einigermaßen scheiße fand. Sollen sie doch die beiden mickrigen Dinger abbrennen, da kann bei einer kleinen Anzahl Leute im Block kaum was passieren. Auf der anderen Seite gilt wiederum ‚Gleiches Recht (oder Unrecht) für alle‘. Daher war die Ahndung nur konsequent, zumal die Security eh nur als Befehlsempfänger fungiert und ausführt. Dennoch zolle ich den Jungs Respekt, dass sie auch aus einer kleinen Gruppe heraus mal gezündelt haben, auch wenn das offenbar mangels Erfahrung ein böses Ende nahm.
Das Spiel entwickelte sich als einigermaßen munterer Sommer-Kick, in dem die Roten tonangebend waren. Folgerichtig fiel der Führungstreffer nach einem schönen Schlenzer in den Knick durch Sandro Plechaty. Freute mich für den Jungen, der auf dem Weg zu alter Stärke scheint. Da kann der Treffer nur bei helfen. Leider versäumte es die glorreiche Elf von der Hafenstraße, das Ergebnis auszubauen. Das sah auch im zweiten Durchgang nicht großartig anders aus. Die Gäste versuchten aber etwas mehr Druck auszuüben, was zu guten Kontergelegenheiten für den RWE führte, die meistens ziemlich kläglich ausgespielt wurden. Die beinahe logische Folge war der Ausgleichstreffer nach einer guten Stunde Spielzeit, nachdem die rot-weisse Hintermannschaft in den kollektiven Sekundenschlaf gefallen war. Als sich nun dieses Remis langsam abzeichnete, konnten die Westfalen nach einem Freistoß per Kopfball sogar in Führung gehen. Die Stimmung im Stadion drohte nun zu kippen, die ersten sarkastischen Gesänge wurden angestimmt, aber in den Schlussminuten gelang Müsel dann doch noch der Ausgleich und so ging diese Spielzeit halbwegs versöhnlich aber farblos zu Ende. Ein wenig Leben könnte die Truppe dieser Spielzeit noch einhauchen, wenn das Finale des Niederrheinpokal gegen RWO am kommenden Samstag vor heimischer Kulisse erfolgreich gestaltet wird, bei dem ich nicht zugegen sein kann.
Die Stimmung passte sich insgesamt dem spannungsbefreiten Spiel an. Die ‚Freaks Ultras‘ hatten ein Spruchband zur Entscheidung, den wichtigsten Geldgeber des Vereins, ein Privatmann und gleichzeitig ehemaliger Besitzer eines Mode-Labels, in den Vorstand aufzunehmen, was insgesamt etwas undurchsichtig wirkt. Die ‚Vandalz‘ kritisierten mit ihrem Spruchband eine überzogene Durchsuchungsmaßnahme der Polizei bei Mitgliedern von Ultra-Szenen im Ruhrpott, bei der eine weibliche, unbeteiligte Person verletzt wurde. Nach dem Abpfiff wurden noch die Spieler verabschiedet, welche den Verein verlassen, was bei den Publikumslieblingen Kefkir, Engelmann und vor allem Herzenbruch sehr herzlich und würdig geriet. Vor allem Herze, der keinen neuen Vertrag bekam, ist ein menschlicher Verlust für das Team. Fußballerisch ist er sicherlich limitiert, aber als Typ umso wichtiger. Ich hoffe die neue sportliche Leitung findet die richtige Mischung. Eine aalglatte Truppe ohne Gesichter und Identifikationsfiguren verhieße nicht Gutes. Mir persönlich wäre dagegen es sehr recht gewesen, wenn unser Laiendarsteller auf der Trainerbank verabschiedet worden wäre, gerne auch ‚unherzlich‘ – dieser Wunsch geht bisher jedoch nicht in Erfüllung. Ich bleibe dabei, dass der Verein mit diesem Mann nicht nach vorne kommt. Gern lasse ich mich eines anderen belehren, jedoch fehlt mir der Glaube daran.