
FC Erzgebirge Aue vs Rot-Weiss Essen 2:1
Erzgebirgsstadion, 7.076 Zuschauer, 3.Liga

Begleitet von meinem ehrenwerten Vater, mit dem ich ein paar Tage in Thüringen verbrachte, ging es bei widrigen Bedingungen nach Aue ins Erzgebirge, für mich ein Premieren-Besuch in der nur 16.000 Einwohner starken Stadt. Leider hatte ich einen Spielbesuch im alten Stadion so lange hinausgeschoben, bis es endlich zu spät war. Die neue Spielstätte befindet sich an derselben Stelle und ist nahe am Universal-Schema erbaut, kann aber einige individuelle Accessoires mit Gruben-Bezug vorweisen. Der Verein kokettiert ja auch gern mit der Bergbau-Vergangenheit dieser Region und hat sich den Namen ‚die Schachter‘ gegeben. Kein Geheimnis, dass es sich um die ehemalige BSG Wismut, nach der Wende FC Wismut, handelt. Die Umbenennung in FC Erzgebirge fand in den frühen 90ern statt, nachdem sich das namensgebende Unternehmen als Sponsor aus dem Club zurückzog. Es war heute ein Duell zweier Tabellennachbarn. Die Gastgeber hatten als letztjähriger Zweitliga-Absteiger ja eigentlich ganz andere Ziele, hingen aber nach desaströsem Saisonstart lange im Tabellenkeller fest, bis der Aufwärtstrend einsetzte. Über 800 Rot-Weisse hatten die Schlittenfahrt ins Zonenrandgebiet auf sich genommen und zeigten als Intro ein Fahnenmeer in den Clubfarben. Dazu wurde ein einfaches rot-weisses Banner mit dem Vereinswappen an den Zaun gehängt. Schlicht, aber ganz schön anzusehen.
Die Roten begannen das Spiel nach dem mittlerweile leider gewohnten Auswärts-Muster. Bedeutet, es wurde erst einmal recht tief gestanden und geschaut, was der Gegner so kann und macht. Ich hasse das abgrundtief, denn es ist vollkommen unnötig. Die Mannschaft hat das Potential einem ungefähr gleichstarken Gegner das eigene Spiel aufzuzwingen, das wurde im zweiten Durchgang ja auch bewiesen. Warum wird also nicht von Beginn an mutig aufgetreten und versucht, dem Spielverlauf den Stempel aufzudrücken? Stattdessen wurde der eigenen Spielidee mit zu verhaltenem Aufbau der Esprit genommen und eine defensive Grundordnung gewählt. Kann gut gehen, aber die Gefahr, dass es schiefgeht, ist nach meinem Erachten deutlich größer. Bei einem Rückstand bedeutet das, einen hohen Aufwand betreiben zu müssen, um zum Erfolg oder zumindest zum Teilerfolg zu kommen. So auch heute, denn nach dem die Partie in den ersten Minuten von beiden Seiten offen gestaltet wurde, bekamen die Schachter Übergewicht, welches in einige Torraumszenen mündete. Bei einem Abwehrversuch ging Clemens Fandrich, in der Vorsaison selbst noch bei den Erzgebirglern in Lohn und Brot, etwas ungeschickt zum Ball und Aues Nazarov, der sich nach dem Derby in Dresden in der Vorwoche noch selber über Fehlentscheidungen des Referees lautstark beklagte, nahm die Situation dankend an und sank entkräftet zu Boden. Schiri Tom Bauer, der nur wenige Meter entfernt stand zeigte auf den ominösen Punkt und ließ sich auch von fassungslosen Rot-Weissen nicht davon abbringen, seine Entscheidung zu hinterfragen. Natürlich hat der Mann nur die eine Perspektive und kann nicht auf den Video-Nachweis zurückgreifen. Aber an der Reaktion der Spieler kann man ja zumindest erahnen, dass die ganze Sache vielleicht doch nicht so eindeutig war und vielleicht mal den Geschädigten befragen, ob er denn wirklich getroffen wurde anstatt mit selbstgefälligem Grinsen ungerührt bei der Fehlentscheidung zu bleiben.
Der ‚Gefoulte‘ Verwandelte selbst und das Unheil nahm seinen Lauf. Wenige Minuten später versuchte Alonso mit seinem Körper einen Schuss im Sechzehner zu blocken, drehte sich dabei weg, bekam während der Drehung die Kirsche an den leicht abgewinkelten Arm und wieder ertönte der schmerzhafte Pfiff. In diesem Falle zwar streng regelkonform, aber jeder Schiri hat ja ein wenig Ermessensspielraum und dass es sich hier nicht um ein absichtliches Handspiel handelte, war für alle anderen außer dem Referee offensichtlich. Nicht zu ändern, ‚Held‘ Nazarov erhöhte und nun wurde die Luft langsam dünn. Immerhin nahmen die Roten nun mal Fahrt auf und spätestens als vor dem Seitenwechsel Isi Young im Strafraum nachweislich gelegt wurde und die Pfeife der Pfeife in diesem Fall mal stumm blieb, hatten alle Rot-Weissen Temperatur. Ein Zwei-Tore-Rückstand zur Halbzeit war eine schwere Hypothek, aber unabhängig von den fragwürdigen Entscheidungen war das vom RWE auch einfach zu wenig, zu ungenau, zu mutlos. Nach dem Seitenwechsel spielte dann aber nur noch der Deutsche Meister von 1955. Nach 65 Minuten wurden die Bemühungen mit dem sehenswerten Anschlusstreffer von Eisfeld belohnt und es war nun noch ausreichend Zeit um das Ergebnis zufriedenstellend zu gestalten. Es wurden auch ein gutes halbes Dutzend zum Teil exzellente Torchancen erspielt, aber das Leder fand nicht mehr über die Linie, was das wohl größte Manko im rot-weissen Team aufzeigte, nämlich mangelnde Torgefahr. Es fehlt einfach der Knipser, der die Dinger vollstreckt und derjenige, der in Frage käme, nämlich ‚Regler‘ Engelmann, fällt seit Wochen mit einer ominösen Mandelentzündung aus. So blieb aller Aufwand unbelohnt und das wäre möglicherweise nicht der Fall gewesen, wenn Traumtrainertänzer Dabrowski von Beginn an auf die Stärken seines Teams vertraut hätte.











