Essen – Sa., 15.10.2022, 14:00

Rot-Weiss Essen vs SG Dynamo Dresden 1:1

Stadion an der Hafenstraße, 18.300 Zuschauer, 3.Liga
RWE gegen Dynamo. Sicherlich eine attraktive Paarung aber der Hype, der um dieses Spiel entstand, war nach meinem Eindruck dann doch erstaunlich groß. In Nullkommanix war der Kick ausverkauft und die Kartengesuche in den sozialen Netzwerken überstiegen danach die Angebote um ein Vielfaches. Dynamo kam mit ordentlicher Fan-Wucht, aber nicht mir derjenigen, die möglich gewesen wäre. Nachdem ein Teil der Szene den Gästebereich in Bayreuth auf links gekrempelt hatte, entschied der Dynamo-Vorstand, Tix für das Spiel beim glorreichen RWE nur an Vereinsmitglieder zu verkaufen und das auch nur in einer knapp bemessenen Verkaufsphase. 1500 Gäste dürften es aber dennoch gewesen sein, die den Gästeblock mit einer beinahe maßgeschneiderten Blockfahne bedeckten. Da es ja auch bei den Roten rund um die bereits thematisierten 76 erteilten Hausverbote ziemliche Aufregung gab, entschieden sich beide Vereine für eine gemeinsame Aktion gegen Fußball-Gewalt. Die Kapitäne verlasen jeweils Statements und RWE untermauerte diese auf der Anzeigetafel. Ja, sicherlich eine gute Aktion, aber letztlich doch nicht mehr als eine Geste für die Allgemeinheit und die reflektierten Fans, denn die Leute, die angesprochen werden sollten, wird man kaum erreicht haben.
Die rot-weiße Ultra-Szene hat sich entschieden, den Support trotz der restriktiven Maßnahme fortzusetzen. Eine Entscheidung, die ich begrüße, denn auch wenn ich Ultra insgesamt eher kritisch gegenüberstehe, erkenne ich doch an, dass die Jungs der Motor der Kurve sind. Ohne diese wäre dann doch ziemlich tote Hose, das hat sich in der Vergangenheit schon gezeigt. Der RWE kam gut in die Partie, erzwang durch frühes Pressing Fehler in der Dynamo-Verteidigung und erntete daraus ein paar gute Offensivaktionen. Die Gäste wirkten beinahe überrascht und ließen Konstruktivität im ersten Durchgang vermissen. Nach Wiegels Volley-Lattenkracher ist das Aluminium hoffentlich auf Deformation untersacht worden. Leck mich, war das eine Fackel! Hätte mit einem Treffer belohnt werden müssen, aber viel Zeit zur Trauer blieb nicht. Denn Isi Young hetzte einem recht kurzen Rückpass hinterher, bei dem der Dynamo-Schnapper eigentlich noch alle Optionen offen hatte, aber dann doch relativ unbedrängt Young anschoss und der Ball trudelte zur Führung ins Tor. Kurios aber verdient. Noch besser gefiel mir eigentlich die Szene, als ein Gäste-Spieler einen Ball zum Einwurf aufnahm, der die Seitenlinie noch gar nicht überschritten hatte, was folgerichtig mit einem Freistoß für RWE belohnt wurde.
Wenn es beim Pausenpfiff etwas zu kritisieren gab, dann dass die Führung höher hätte sein dürfen, wenn nicht gar müssen. So gab die Schlüsselszene wenige Minuten nach Wiederanpfiff dem Spiel die Wendung. Wiegel wurde von einem Dresdener beharrlich und provokant festgehalten, riss sich los und schlug mit dem rechten Arm nach. Für eine unbeherrschte Person wie mich eine nachvollziehbare Reaktion, erst recht in dieser aufgeheizten Atmosphäre. Der Referee ahndete das allerdings mit einem Platzverweis – hart, aber vertretbar. Leider musste kurz danach auch der verwarnte Götze sicherheitshalber das Feld verlassen. Ich finde es ja geil, dass der so abgeht, super Nachverpflichtung und die Seele des rot-weißen Spiels, aber die fünfte Gelbe im sechsten Spiel riecht auch ein wenig nach Übermotivation. Dynamo war in der Folge nur noch am Drücker, RWE gelang nur selten Entlastung. Dennoch wehrten sich die Roten sehr gut gegen den Dauer-Druck, Keeper Golz war bei den vermehrt auftretenden Torchancen der Sachsen auf dem Posten. Die Hereinnahme von Wollschläger zehn Minuten vor dem Ende, brachte nicht die gewünschte Entlastung. Im Gegenteil – der Junge fand überhaupt nicht in die Partie, wirkte wie ein Fremdkörper. Und ihm unterlief der einfache Ballverlust, welcher die Flanke zum letztlich verdienten Ausgleich für die Gäste zwei Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit ermöglichte. Schade, dass der große Kampf nicht mit drei Punkten belohnt wurde. Es wird bei späten Ausgleichstreffern gern von der gefühlten Niederlage gesprochen. Kennt man in Essen eh ganz gut, dieses Gefühl. Heute war das anders, denn der RWE hat endgültig gezeigt, dass er mit den Großen der Liga gut mithalten kann. Nicht, dass ich mit meiner Kritik an Coach Dabrowski bald noch zurückrudern muss…