
Tennis Borussia Berlin vs Chemnitzer FC 1:2
Mommsenstadion, 476 Zuschauer, Regionalliga Nordost

Das Mommsenstadion gehört in die Kategorie der Spielstätten, die ich eigentlich längst besucht haben müsste. Und zwar mit dem glorreichen RWE in den 90ern. Warum ich damals in einer Phase, in der ich annähernd Allesfahrer war, auf den Kick verzichtete oder verzichten musste, weiß ich aber beim besten Willen nicht mehr. Stadien wie das ‚Mommse‘ sind ja vom Aussterben bedroht. Hat man diese weitläufigen Mehrzweck-Stadion mit Laufbahn früher gehasst, muss man heute ja beinahe dankbar für jedes sein, dass es noch gibt. Prunkstück des Stadions ist natürlich die betagte Tribüne mit den geschwungenen Aufgängen. Im Bauch der Tribüne gibt es neben einer Turnhalle auch eine ziemlich urige Stadionkneipe. Da musste ich mit Wehmut an die Pinte in der alten Haupttribüne des Georg-Melches-Stadion denken. Die überschaubare Szene von Tennis-Borussia engagiert sich ja stark im Antirassismus und Antifaschismus. Kann man löblich finden, ich persönlich kann damit aber im Stadion nix anfangen. Eine Antifa-Fahne in den Vereinsfarben gefällt mir jedenfalls nicht. Ich bin nicht gegen linke, autonome Strömungen. Mir würde ebenso wenig gefallen, wenn rechtsoffene Symbole im Block geschwenkt würden. Ich finde nur die Zurschaustellung politischer Gesinnung im Stadion völlig unpassend. In meiner romantischen Vorstellung wird jegliche Politik von den Rängen ferngehalten und alle konzentrieren sich nur auf den Sport. Funktioniert natürlich nicht, da ja beinahe jeder Mensch eine politische Einstellung ins Stadion mitbringt. Ich gestehe auch jedem Menschen seine politische Meinung zu, egal ob links oder rechts, solange diese nicht ins Extreme ausufert. Aber deswegen bin ich noch lange nicht damit einverstanden, dass Gruppen den Schauplatz Stadion zur Darstellung egal welcher politischen Gesinnung nutzen.
Zum Einlauf der Mannschaft stieg dann im Heimblock Rauch in den Farben des Regenborgens auf. Das Bündnis ‚Fußballfans gegen Homophobie‘ feierte sein Zehnjähriges. Sah zugegebenermaßen nicht schlecht aus und mit dieser kleinen Präsentation konnte ich auch grundsätzlich schon mehr anfangen. Aus Sachsen hatten nicht mal 50 Leute nach Charlottenburg gefunden. Dass die Ultra-Szene die aktuelle Situation bestreikt, war mir zwar bekannt. Dass sich aber so wenig normale Leute aufmachen würden, hätte ich nicht erwartet. Der Kick war dann gemessen am Zustand des Platzes gar nicht so übel. Die Platzverhältnisse Kartoffelacker zu nennen, wäre eine Beleidung für jeden engagierten Landwirt. Einfach furchtbar. Die Szene des Spiels, die am meisten in Erinnerung bleiben wird, war keines der Tore, sondern ein sensationeller Fehlschuss. Ein Chemnitzer Stürmer erlief sich eine zu kurze Rückgabe der TeBe-Defensive, ließ den Torwart cool aussteigen und schob die Murmel dann aus zehn Metern souverän an den linken Pfosten. Das nenn ich mal abgezockt. Der CFC konnte die Partie dann dennoch für sich entscheiden, da er einfach das bessere Team war. Nach dem Abpfiff bekam ich noch die Gelegenheit mit dem Torschützen zum 1:0, Kevin Freiberger, gebürtiger Essener und erklärter RWE-Fan, ein wenig zu quatschen. Kevin hatte ja auch zwei Mal in Essen unterschrieben, aber leider brachten ihm seine Wechsel an die Hafenstraße kein Glück. Beim ersten Mal fand er nicht recht zu seiner Form und beim zweiten Versuch erlitt er im ersten Saisonspiel nach wenigen Minuten einen Kreuzbandriss. Sehr schade, denn Kevin ist ein ehrlicher, authentischer Kerl, der mit seiner Art eigentlich gut zum RWE passt und nie einen Hehl draus macht, wo er sich wirklich wohl fühlt – nämlich an der einzig wahren Hafenstraße!

















