
Al-Ahli Saudi FC vs Al Nassr FC 1:2
Prince Abdullah Al-Faisal Stadium, 18.419 Zuschauer, Prince Mohammed bin Salman Professional League

Der folgende Tag begann für mich erst wieder nach 10:00 Uhr. Warum auch immer konnte ich in diesem Hotelbett richtig gut schlafen, das klappt ja in den eigenen Federn daheim oft genug nicht so. Mit dem obligatorischen Kaffee versuchten wir einen Fahrer für einen Ausflug in die Wüste zum ‚Edge of the World‘ zu finden, einer markanten Landkarte in der Wüste etwa 100 Kilometer außerhalb von Riyadh gelegen. Da die letzten 22 Kilometer der Strecke unbefestigt sind, war ein Offroad-Fahrzeug zwingend erwünscht und genau das stellte sich als schwierig, respektive zu kostspielig heraus. Die einzige Option ergab sich für 1000 Rial, deutlich mehr als 230 Euro, wovon wir erst einmal Abstand nahmen. Daher blieb die Akquise – wie am Vortag auch schon – ergebnislos. So um 13:00 starteten wir dann mal eine kleine Sightseeing-Tour. Die Sehenswürdigkeiten der Metropole halten sich in Grenzen. So groß die Stadt auch ist, so wenig Interessantes gibt es zu sehen. Erstes Ziel war die Große Moschee nahe den Resten des historischen Viertels, von dem nur noch ein paar wenige Gassen übrig sind. In unmittelbarer Nähe liegt das Fort Masmak, eines der letzten verbliebenen historischen Gebäude, in dem eine Ausstellung zur Gründung des Königreiches Saudi-Arabien kostenlos besucht werden kann. Kann mal machen, aber haut jetzt auch nicht vom Stuhl. Zu Fuß latschten wir dann die 2,5 Kilometer bis zum Nationalmuseum, wo wir aber spät genug eintrafen, um dieses nicht mehr betreten zu können, da sonst der nächste Punkt auf der Tagesordnung gefährdet worden wäre. Gut so, meine Museums-Motivation hält sich ja meistens eher in Grenzen. Mit einem Careem fuhren wir zum Kingdom Center, dem zweithöchsten Gebäude der Stadt, welches aussieht wie ein überdimensionaler Flaschenöffner. Von der Skybridge in knapp 300 Metern Höhe über dem Erdboden hat man einen phantastischen Blick über die Stadt und bekommt einen guten Eindruck von den Dimensionen Riyadhs. Vor Sonnenuntergang fuhren wir hoch und schauten von oben, wie die Nacht hereinbrach. Vom Kindom Centre liefen wir letztlich eigentlich ungeplant die ganzen knapp sieben Kilometer zum Hotel zurück, unterbrochen von einem ordentlichen Abendmahl in einem türkischen Restaurant. Zwei Frucht-Fake-Biere gaben mir dann in unserem Hotel-Apartment die nötige Bettschwere. Kerl, war ich blau.











Der Donnerstag begann wie die Tage zuvor mit einem gepflegten arabischen Kaffee aus diesen kleinen stylischen Kännchen, die aussehen, als ob gleich der wunscherfüllende Geist daraus hervorsteigt. Einen dringenden Wunsch hatten wir auch und zwar einen geeigneten Transfer zum ‚Edge‘ zu finden. Daniel stieg noch einmal intensiv in die Bemühung ein und tatsächlich fand er den Mutigen, der sich bereiterklärte, die Tour für 550 Rial, knapp unter 130 EUR, auf sich zu nehmen, allerdings mit seinem normalen Pkw. Angeblich wüsste er, wo sich das Ziel befindet und er wäre auch schon in der Wüste gewesen und das sei auch kein Problem. Mashallah. Da aber Selbstüberschätzung und Opportunismus typische orientalische Eigenschaften sind, befassten wir uns lieber noch mal selbst mit dieser Herausforderung. Ein Youtube-Video zeigte dann eine halbwegs befahrbare Piste, weshalb wir dem Rassler dann einigermaßen optimistisch gestimmt den Zuschlag gaben. Allerdings blieb ein großes Stück Ungewissheit, denn es gibt eine offizielle Route, die etwas einfacher zu befahren scheint, jedoch nur freitags und samstags geöffnet und die Zufahrt sonst durch ein Tor verschlossen ist. Und dann gibt es die inoffizielle Route, welche unsere Option darstellte. Welche das Video nun zeigte, war final nicht klar. Eine Stunde vor Sonnenuntergang wollten wir gegen 16:00 Uhr am Ziel sein, daher wählten wir 13:30 Uhr als Abfahrtszeit, was sich letztlich als grundlegende Fehleinschätzung erweisen sollte, aber wir sind halt Großstadt-Kinder und keine Beduinen. Über gute asphaltierte Straßen lief ja auch erst alles wie am Schnürchen, aber schon kurz nachdem wir diese verließen, wurde uns recht schnell klar, dass eine sportive Aufgabe bevorstünde. Es waren nicht einmal richtige Fahrwege, eher Fahrspuren, denen gefolgt werden musste und nach nicht mal einem Drittel der Offroad-Strecke endete die Tour an einem trockenen Flussbett, welches mit einem normalen Fahrzeug nicht zu passieren war.
Während wir dort ratlos standen, sandte uns Allah aus dem Nichts die Lösung dieses Problems und es hielt ein Pickup mit zwei sehr jungen Arabern neben uns. Mihad und Ali hatten dasselbe Ziel, erklärten sich nach kurzem Gespräch bereit, uns mitzunehmen und das kleine Abenteuer nahm seinen Lauf. Ohne Allradantrieb und Bodenfreiheit hatte man auf dieser Route definitiv keine Chance, das wurde schon nach wenigen hundert Metern deutlich. Mihad („I am twenty-one but I am looking like thirteen“) beherrschte das Fahrzeug annähernd perfekt und bewältigte jede noch so schwierige Stelle äußerst konzentriert, bis wir schließlich vor einem offensichtlich von einem Bulldozer zusammengeschobenen Erdwall stoppen mussten. Der unerfahrene Touri wäre hier nun wohl konsterniert umgekehrt, aber unsere beiden Beduinen checkten das umliegende Terrain ab und fanden die Lösung zur durchaus anspruchsvollen Umfahrung des Hindernisses. Weiter ging es also, bis uns nach wenigen Kilometern der nächste Erdwall stoppte. Dieser unterschied sich vom ersten dadurch, dass wir nun nicht mehr die einzigen Erdlinge in dieser Mondlandschaft waren. Ein weiterer Pickup, von zwei Deutschen gesteuert, stand bereits davor und auf der Krone des Walls befand sich ein festgefahrener Jeep, optimistisch von einem Inder (was können die eigentlich?) gesteuert und festgefahren. Während sich unsere beiden Gönner bereit erklärten zu helfen, entfernten wir uns unerlaubt von der Truppe und machten uns schnellen Schrittes die letzten zwei Kilometer auf zum Ziel. Da es am nächsten Tag weitergehen sollte Richtung Jeddah war das heute unsere einzige Chance. Die Sonne stand schon tief über dem Horizont als wir am ‚Edge of the World‘ ankamen. Der Blick, der sich uns dann am Ziel bot, war einzigartig. 300 Meter fällt das Land steil ab und es eröffnet sich eine unglaubliche Weite. Absolut atemberaubend.
Zurück bei den Fahrzeugen war es mittlerweile beinahe stockdunkel und der Jeep stand noch am selben Fleck. Mit fetten Taschenlampen und den Scheinwerfern der anderen Fahrzeuge wurde die Szenerie ausgeleuchtet und der Wagen dann letztlich herausgezogen. Liest sich einfacher, als es für die Beteiligten war. Wir traten mit unseren Chauffeuren den Rückweg an, die uns dann fragten, ob es okay wäre, wenn wie noch gemeinsam Pause machen und zusammen essen. Sie suchten ein windgeschütztes Plätzchen in einem trockenen Flussbett, Decken wurden ausgebreitet, frischer arabischer Kaffee zubereitet, es gab frische und getrocknete Datteln, Joghurt mit frischen Granatapfelkernen und als Hauptspeise wurde eine frische Kabsah zubereitet, ein Reisgericht mit Hühnchen, Gemüse und Gewürzen. Man kann diese unglaubliche Freundlichkeit und Gastfreundschaft, die wir von den beiden erfuhren, gar nicht in Worte fassen, diese spiegeln das Erlebte nicht mal im Ansatz wieder. Nach dem Essen schossen wir mit der Air-Gun von den Beiden noch ein paar Pappbecher kurz und klein, bevor wir wieder der Zivilisation zugeführt wurden und unseren Fahrer kontaktierten, damit er uns entgegenkam und abholte. Deutlich nach Mitternacht waren wir wieder im Hotel und der Tag war verlaufen, wie wir es uns mittags noch nicht ausgemalt hatten. Kann man nicht planen sowas.











Dementsprechend zerstört fühlten wir uns nach nicht mal fünf Stunden Schlaf, als uns um halb sieben der Wecker aus süßen Träumen von Tausendundeinernacht riss. Mit einem Careem-Fahrer ging es zum Flughafen – dass der 9:20-Flyadeal-Flieger nach Jeddah fast vier Stunden Verspätung haben würde, konnte ja niemand ahnen. Daher war am Zielort auch nicht mehr drin, als in Ruhe zum Hotel zu fahren dort einzuchecken und noch eine halbe Stunde die Füße hochzulegen. Dann war wieder Careem angesagt. Das gewählte Hotel liegt im Norden von Jeddah, das ‚Prince Abdullah Al-Faisal Stadium‘ liegt weit im Süden der am Roten Meer liegenden 4 Mio-Metropole, was mal wieder eine längere Anreise bedeutete. Vor 18:00 Uhr trafen wir ein und stellten uns dem Ticketproblem. Es gab zwar einen Online-Sale und wir konnten auch beobachten, wie die Verkaufszahlen stiegen, allerdings ließ sich die Plattform von unseren Smartphones warum auch immer nicht bedienen. Letztlich fanden wir aber Zutritt zum Stadion, dessen Modernisierung und Ausbau erst kürzlich abgeschlossen wurde. Al-Ahli spielt erst seit wenigen Wochen wieder in diesem nun durchaus ansehnlichen Stadion. Während die Haupttribüne lediglich durch die neue Dachkonstruktion Renovierung erfuhr, wurde der Rest des Runds imposant aufgemöbelt. Wirkt dadurch größer als es ist, denn es bietet ‚nur‘ Plätze für 27.000 Besucher, von denen heute zwei Drittel genutzt wurden. Zu Gast war mit Al-Nassr ein populärer Club aus Riyadh.
Etwa 1.500 Zuschauer werden wohl für die Gäste gewesen sein, allerdings kamen wohl die wenigsten davon aus der 1.000 Kilometer entfernten Hauptstadt. Die Heimseite spannte im lateinamerikanischen Stil Bänder in der Kurve, die allerdings nur zum Intro dienten und nach dem Kick-off sofort wieder eingeholt wurden. Außerdem wurden kleine Fähnchen für das Intro verteilt. Stimmung war dann auch fast ohne Pause im Heim und Gästebereich, allerdings deutlich gebremster als noch beim Champions League-Finale. Den Unterschied zwischen den Teams machte heute der Basilianer Talisca. Dieser steht in Diensten von Al-Nassr und stellte die Weichen mit zwei blitzsauberen Toren auf Auswärtssieg. Die Frage der Rückfahrt zum Hotel nach dem Spiel löste Daniel, der einen abfahrenden Zuschauer um den Lift Richtung Hotel bat. Hilfsbereites Volk die Saudis, das wurde ein ums andere Mal bestätigt. Beim Libanesen wollten wir dann zu Abend speisen, aber da im Gastraum die Air Condition ballerte wie noch was und der Raum auf gefühlte minus drei Grad herunter gekühlt war, stellten wir auf Take Away um und speisten im Hotel.













