
Al-Hilal Saudi Club vs Pohang Steelers 2:0
King Fahd International Stadium, 51.071 Zuschauer, AFC Champions League Finale

Als ich mich Ende Oktober mal wieder mit Daniel kurzschloss und er das Finale der AFC-Champions League in den Ring warf, sprang das Reise-Modul an. Nach zweieinhalb Jahren endlich mal wieder raus aus Europa. Mit Michael kam ein weiterer Mitreisender hinzu und nach weiteren zwei Wochen Austausch wurde dann der ‚Buchen‘-Button gedrückt und die Formalitäten nach und nach erledigt. War Saudi-Arabien für Touristen bis vor zwei Jahren noch annähernd unerreichbar, kommt man nun denkbar einfach an ein Visum. Online erhält man es nach Beantragung und Zahlung innerhalb weniger Minuten. Die Kosten von über 100 Euro sind allerdings eine Frechheit, zumal aktuell zusätzlich noch eine Covid-Versicherung bei einem saudischen Anbieter abgeschlossen werden muss. Fast 125 Euro kostete der Spaß letztlich. In der Woche vor der Anreise war dann noch die Einreiseanmeldung online auszufüllen. Das Routing Frankfurt-Amman-Riyadh brachte uns mit Royal Jordanian dann auf die Arabische Halbinsel mit Ankunft um kurz vor zwei Uhr in der Nacht zum Montag. Nach erfolgreicher Passage der Immigration stand dann aber noch der letzte Verwaltungsakt an, nämlich die Installation der Tawakkalna-App, Pendant zum europäischen CovPass. Diese funktioniert nur mit einer saudischen SIM-Karte, was dementsprechend den Erwerb einer solchen erforderte. Nach dem Abfragen der drei großen am Flughafen vertretenen Anbieter bekam Mobily mit 35 Rial für 4 GB Datenvolumen den Zuschlag. Ein Euro entspricht ungefähr 4,3 Rial. Die SIM-Registrierung ein wenig Zeit in Anspruch bis es endlich ‚Welcome tot he Kingdom of Sausi-Arabia‘ hieß. Bis kurz vor 5 Uhr dauerte es letzlich bis wir nach Bewältigung der 50 km per Uber vom weit außerhalb liegenden King Khalid International Airport im Hotel eincheckten.
Um halb zehn war die kurze Nacht dann auch schon vorbei und nach einem arabischen Kaffee in einem der kleinen arabischen Rassler-Cafés in der Nähe des Hotels stand die Erledigung der Tagesaufgabe an. Ticketbeschaffung hieß diese. Im Vorfeld war es nicht gelungen herauszufinden, wie der Verkauf der Final-Tickets abläuft. Am Samstag hatte dann der Online-Verkauf begonnen, was wir leider erst feststellten, als dieser nach nicht mal zwei Stunden schon wieder geschlossen und das Spiel (rückblickend muss man sagen ‚angeblich‘) ausverkauft war. Daher sprachen wir mal am Club-Gelände des Final-Gastgebers Al-Hilal vor. Beim Pförtner war aber erst einmal Endstation, auch wenn dieser versprach unsere Telefonnummer weiterzugeben und sich dann jemand melden würde. Inshallah. Damit hatten wir mit dieser Option auch schon abgeschlossen, denn im Orient wird ja auf höfliche Art sehr gern viel versprochen, meist allerdings mit bescheidenem Resultat. Wir waren aber noch keine hundert Meter die Straße runter gelatscht, als der gute Mann schon hinter uns herrief und das uns wohl gesonnene Schicksal seinen Lauf nahm. Letztlich erfuhren wir eine unfassbare Gastfreundschaft, wurden über die Anlage geführt, zum Essen eingeladen und hielten schließlich neben einem vollen Beutel mit Fanartikeln drei persönlich vom Vizepräsidenten des Vereins übermittelte Tickets in den Händen. Shukran! Ein erster Vorgeschmack auf die unglaubliche Freundlichkeit der Menschen, die wir in den kommenden Tagen noch erfahren sollten.
Den Tagesabschluss bildete ein Besuch des ‚Boulevard Riyadh City‘, Teil des Projektes ‚Riyadh Season‘, einem Mammut-Kultur- und Unterhaltungsprogramms an vielen verschiedenen Standorten in der 8-Mio-Einwohner-Metropole. Der Boulevard ist eine Kombination aus Shopping, Restaurants und Entertainment. Ziemlich überlaufen und am Ende auch nicht der Kracher. Für den Zutritt wird ein Eintrittsgeld erhoben. Man muss also erst einmal dafür bezahlen, dass man weiteres Geld ausgeben darf. Tickets sind limitiert und waren für diesen Abend auch ausverkauft, wie wir erfuhren, nachdem wir das Gelände eher zufällig kostenneutral betreten hatten. Ein Besuch im Shawarma-Schmiergrill nahe unserem Hotel beschloss den Abend. Nicht ganz, denn es gibt ja noch das Thema Alkohol, das heißt, das gibt es natürlich nicht. Gesoffen wird natürlich auch im Kingdom, denn nichts ist scheinheiliger als der Muslim, der stolz auf seine Enthaltsamkeit verweist. Dem Ottonormal-Touri-Otto bleiben die Quellen natürlich verborgen, aber bleifreies Bier in allen möglichen Fruchtgeschmacksrichtungen wird reichlich angeboten und während sich Daniel dem zugegeben nicht gerade erbauenden Gesöff komplett verweigerte, experimentierten Micha und ich damit herum.








Der Dienstag lief dann erstmal gechillt ab. Nach dem Kaffee-Genuss gammelten wir im Hotel rum, nur unterbrochen von einem kleinen Rundgang durchs Viertel, das erwartungsgemäß wenig Spektakuläres bot. Gegen halb vier kümmerten wir uns dann um den Transfer zum Stadion. Caarem heißt eine der Apps, die im Kingdom analog zu Uber funktionieren. Riyadh heißt in lateinischer Transliteration vollständig ar-Riyad, was übersetzt ‚die Gärten‘ bedeutet. Davon ist die Realität weit entfernt und die Stadt präsentiert sich überwiegend im Einheits-Sandstein-Farbton, auch wenn dieser von vielen modernen Gebäuden gebrochen wird. Riyadh hat eine immense Ausdehnung von circa 50 km Nord-Süd und 40 km Ost-West, was bedeutet, dass man zu annährend jedem Ziel eine weite Strecke zurücklegen muss. Zum ‚King Fahd International Stadium‘, Austragungsort des Finals, waren es vom Hotel mehr als 25 km. Das Stadion ist ein weites Rund mit einem Zeltdach, nur die Gegengerade verfügt über einen zweiten Rang. In deren Unterrang ist die ultra-orientierte Anhängerschaft des Al-Hilal Saudi Club beheimatet. Die Show vor dem Spiel war unerträglich, ohrenbetäubend laute Musik, ein Moderator der selbst Aale-Dieter vom Hamburger Fischmarkt niedergeschrien hätte und ein Snoop Dogg-Verschnitt, der sich unter das Publikum mischte und sich zum kompletten Idioten machte. Da war die arabische DJane am Mischpult noch die angenehmste Person. Als der ganze Zirkus endlich vorbei war, präsentierten die Hilal-Fans zum Spielbeginn ihre zweiteilige Choreo. Blue Power nennen sie sich und das stand auch in fetten weißen Buchstaben über die gesamte Breite der Tribüne zu lesen. Der zweite Teil der Choreo zeigte die Silhouette jubelnder Fans.
Der Anstoß der Araber mit einem langen Hub – diese Variante werde ich wohl nie verstehen – wurde von den kleinen Koreanern abgefangen, der Ball aber von Verteidiger Al-Dawsari sofort zurückerobert, der sich aus 25 Metern ein Herz fasste und die Kugel nach 15 gespielten Sekunden im linken oberen Torgiebel versenkte. Was für eine Fackel! Die Fans im Freudentaumel, alles purzelte jubelnd durcheinander, welch für ein Auftakt. Nach etwas mehr als zehn Minuten ergab sich die beste Möglichkeit für die Gäste, die von knapp 60-70 kleinen Neckermann-Koreanern begleitet wurden, als der Ball so gerade eben vom Schnapper noch an den Querbalken gelenkt wurde und dieser den Nachschuss dann auch noch parierte. Viel mehr sollte dann nicht mehr kommen von den Stahlkochern. Spannend wurde es eigentlich nie und spätestens mit dem zweiten Treffer durch Marega, vom FC Porto gekommen, war die Messe gelesen, die Wiese gemäht, die Palme gestutzt, der Turban gebunden, was auch immer. Pohang fand eigentlich nie wirklich statt und Al-Hilal wurde verdienter Sieger in diesem Duell der Rekord-Sieger mit bis dato je drei Cup-Gewinnen. Damit setzt sich Hilal nun mit vier Titeln allein die Krone auf. Die Sieger-Show nach dem Spiel war dermaßen pompös und auf Hilal zugeschnitten, dass man sich ernsthaft fragen musste, ob das Ergebnis nicht schon vorher feststand. Kann mir kaum vorstellen, dass die kleinen Koreaner in ähnlichem Umfang gefeiert worden wären.
























