Heute trennten sich die Wege. Während die Kölner Krawallbrüder einen viertklassigen Kick in Warszawa in Angriff nahmen, zog ich es vor, vom dortigen Westbahnhof mit der Staatsbahn nach Kielce zu eibeln, welches in Polen ja eher für hochklassigen Handballsport steht. Dennoch war in Kielce natürlich deutlich mehr Action zu erwarten, aber der gute Franky hatte den Ground halt schon. Überragend schnell ging das nun trotz IC-Direktverbindung nicht. Dank zweier Fahrtrichtungsänderungen standen am Ende für 240 Streckenkilometer über drei Stunden zu Buche. Schnell im Grand Hotel – man muss sich auch gönnen können – gegenüber dem Bahnhof eingecheckt und per Pedes die zwei Kilometer zum Stadion abgespult. 25% der Stadionkapazität dürfen die Vereine nutzen. In Kielce bedeutet das ein Fassungsvermögen von nicht mal 3.900 Zuschauern. Zwar waren bei den ersten beiden Spielen nach dem Lockdown nur knapp über 2.000 Leute gekommen, aber man weiß ja nie. Also erst einmal um die Ticketbeschaffung gekümmert, was natürlich mal wieder genug Zeit in Anspruch nahm. Ich frage mich echt, was da in den Ticketbuden passiert, nachdem man seinen Ausweis hingeblättert hat. Lernen die alles auswendig? Gerade mal vier Personen waren vor mir und erst nach mehr als einer Viertelstunde hatte ich dann endlich ein Ticket in der Hand. Die Zeit bis zum Spiel verbrachte ich in einem Biergarten und nachdem ich wieder am Stadion eintraf, gab mir der frühe Ticketkauf recht, denn an den Kassen standen so viele Leute an, dass die letzten wohl frühestens den Anpfiff zu Hälfte zwei erlebt haben dürften. Mehr als 3.300 Zuschauer hatten sich eingefunden und verpassten dem letzten Heimspiel der Saison damit die größtmögliche Würde. Auch aus Lodz hatten 70 Leute hergefunden und fanden unter mir unbekannten Umständen trotz Gästeverbot Zutritt. Das Stadion kann man schlicht unter der Überschrift Massenware abhandeln, dennoch gefällt mir bei dieser Bauart diese Version mit zwei Rängen noch am besten. Das Spiel haute jetzt nicht vom Hocker, aber es war eine Wohltat mal wieder unter halbwegs normalen Bedingungen ein Spiel zu sehen. Der mit 350 bis 400 Kibice gefüllte Heimblock gab ordentlich Gas und der Gästeblock zog blank und meldete sich auch regelmäßig zu Wort. Der Elfer zur Pausenführung für Korona war zumindest zweifelhaft, störte aber natürlich den rot-gelben Heimblock wenig. Mitte der zweiten Hälfte startete der Korona-Anhang noch eine schöne Oprawa mit einer Blockfahne und gut zwanzig Fackeln. Bengalos bei Flutlichtspielen haben ja schon immer eine geniale Wirkung. Die Elf der Gastgeber versäumte es, danach den Sack zuzumachen, was Widzew kurz vor dem Ende zum Punktgewinn nutzte. Am Ende egal, ging für beide um nix mehr. Ich verließ die Bude jedenfalls zufrieden. Als ich dann im bereits bekannten Biergarten vor einem Schaschlik saß, erreichte mich eine Nachricht und wenig später hatte ich mich auf dem zentralen Rynek einer Aachen-Dortmunder Suffgruppe angeschlossen. Lange ging es aber nicht mehr, was gut so war, denn am nächsten Morgen sollte der Wecker halbwegs zeitig klingeln.