Mittwoch, 04.03.2020, 19:30

deutschland

TuS Haltern vs Rot-Weiss Essen 1:1

Lohrheidestadion, 3.200 Zuschauer, Regionalliga West

200304haltern-rwe

Was war das denn bitte? Statt drei fest eingeplanten Punkten nur ein mickriger Zähler, was den Abstand auf den Relegationsplatz wahrscheinlich weiter vergrößern wird. Knapp die Hälfte der Liga-Spiele dieser Saison habe ich gesehen und gemessen daran, war das wohl die schlechteste Saisonleistung. Unfassbar, welch zwei unterschiedliche Gesichter die Mannschaft zeigen kann. Dabei war es ja nicht mal ein richtiges Auswärtsspiel, da die Anlage in Haltern kaum eines Kreisliga-Spiels würdig ist und die TuS aus diesem Grunde für die Partien gegen die Alemannia, RWO und den glorreichen RWE, also die Clubs mit den menschenfressenden Fans in dieser Liga, in die Wattenscheider Lohrheide ausweichen muss. Eher sogar ein Heimspiel, denn unter den 3200 Zuschauern waren maximal 500 den Gastgebern zugetan. Ich hatte aus Essen sogar noch mehr Leute erwartet, bei einem Auswärtsspiel, welches nach der Partie in Oberhausen die kürzeste Anreise bedeutete. Die Roten kamen gut in die Partie und hätten nach fünf Minuten führen müssen, aber das große Manko bleibt die Verwertung klarster Torchancen. Haltern kam danach besser in die Partie und früh beschlich mich ein negatives Gefühl. Das schockt normal nicht sonderlich, denn lange Jahre trogen mich meine Ahnungen massiv. In den letzten Monaten hat sich das aber leider geändert und das Spiel nahm den befürchteten Lauf. Die TuS ging nach einem mies verteidigten langen Ball in den Sechzehner glücklich in Führung und kämpfte dann leidenschaftlich um jeden Quadratmeter Rasen. Spielerisch zeigten sich die nominellen Gastgeber sicherlich etwas eingeschränkt, aber mit Herzblut und individuellen Fähigkeiten machten sie das wett und den Roten das Leben mehr als schwer. Das Team wuchs über seine Leistungsgrenze hinaus und das änderte sich auch nach der Pause nicht. Natürlich war der Boden extrem schwer bespielbar, weshalb das Kurzpassspiel der Rot-Weissen, eine Stärke der Mannschaft, nicht den gewünschten Erfolg brachte. Es wurden also deutlich mehr lange Bälle gespielt als üblich, aber die langen Bälle waren zumeist nicht lang und verwandelten sich in Fehlpässe und das in überdurchschnittlicher Zahl. Auch von den gefühlten 50 Flanken in den Strafraum, fand kaum eine mal einen Abnehmer. Haltern setzte dafür zunehmend empfindliche Konter und hatte mehr als ein Mal die Chance den fiesen Kick vorzuentscheiden.
Möglicher Knackpunkt für das TuS-Bemühen war dann eine Strafstoß-Entscheidung nach einer guten Stunde, und zwar für die TuS. Was aus der Entfernung nach klarem Elfer aussah, wurde von den Roten fassungslos massiv reklamiert, so dass der Referee letztlich Rücksprache mit seinem Assistenten an der Linie nahm und die Entscheidung revidierte. Bis in die Schluss-Viertelstunde hätte ich dennoch von einem nicht unverdienten Sieg für Haltern gesprochen, aber die Mannen vom Stausee ergingen sich dann in exorbitantem Zeitspiel und wiederholten anderen Unsportlichkeiten, was der ganzen Nummer einen sehr faden Beigeschmack gab und den guten Eindruck zerstörte. Man kann den RWE-Kämpen nicht vorwerfen, es nicht immer wieder und bis zum Ende versucht zu haben. Der Lohn dafür war der späte Ausgleichstreffer durch Neuzugang Pronichev, der die totale Blamage etwas milderte, die Realität aber sicher nicht überdeckte. Verdient, unverdient, ich weiß es nicht, jedenfalls hilft das Remis keinem der beiden Vereine wirklich weiter. Eher unfreiwillig landete ich nicht bei meinen Leuten im Gästeblock, sondern auf der alten Haupttribüne und muss sagen, dass es nicht schlecht von der anderen Seite herüber schallte. Das war schon starker Support und der RWE-Anhang zeigte sich zwar mit zunehmender Spieldauer gefrustet, unterstützte das Team aber weiter und war daher sicher auch ein Faktor für den späten Treffer. Was ich genervt zur Kenntnis nahm und mittlerweile auch ziemlich ermüdend finde, war das Hopp-Bashing auf das die Ultra-Gruppen wohl nicht verzichten wollte. Immerhin war die Szene schlau genug, die Nummer vor dem Anpfiff durchzuziehen, um eine mögliche Spielunterbrechnung zu vermeiden. Aber die Meinungsäußerung war sowohl verbal als auch non-verbal nicht subtil, sarkastisch oder mit Humor vorgetragen, sondern einfach nur stumpf, plump und beleidigend, was auch durch die Kritik an der Kollektiv-Bestrafung nicht rettete. Dass der DFB ein korrupter, arroganter, verlogener, antiquierter Sanierungsfall ist, dem die Gemeinnützigkeit längst entzogen gehört, ist unstrittig und es ist legitim, dass immer und immer wieder zu kritisieren und in Erinnerung zu rufen. Aber dann auch direkt und nicht über die Hopp-Schiene, denn diese Thematik ist nicht unsere Baustelle und auch eine Auseinandersetzung, für die es keine einvernehmliche Lösung geben wird. Der Verband und die Ultra-Szenen des Landes streiten derzeit also intensiv, wer den Längsten hat und egal, wer am Ende meint, diese Auseinandersetzung für sich entschieden zu haben, der Ausgang wird nur Verlierer kennen. Beide Seiten täten gut daran, reflektierter zu handeln, aber es prallen da nur Dickköpfe aufeinander, so etwas ging noch nie gut aus. Mal sehen wie gut die Saison für die Roten endet, denn der Strohhalm hat sich einen dünnen Faden verändert. Und dennoch – zur Aufgabe ist es zu früh.