Sonntag, 01.03.2020, 18:00

serbien

FK Crvena Zvezda vs FK Partizan 0:0

Stadion Rajko Mitic, 38.271 Zuschauer, SuperLiga

200301zvezda-partizan

Das Veciti Derbi, das ewige Derby. Zum 162. Male trafen Roter Stern und Partizan in Belgrad aufeinander. Vermutlich ist es das meist gehoppte Spiel weltweit, denn mit der Eintrittskarte erwirbt man auch gleich die Garantie einer guten Show auf den Rängen. Ich mag diese Szene-Massenaufläufe ja nicht sonderlich, aber letztlich ist man selber irgendwie Teil des Ganzen und natürlich ziehen die Top-Derbys des Kontinents zwangsläufig immer viele Leute der Bewegung an. Und alle paar Jahre kann man sich der Pilgerfahrt ja mal anschließen. Klar, mal fackelt es mehr, mal weniger. Mal ist die Choreo aufwendiger, mal weniger aufwendig. Mal ist es lauter, mal weniger laut. Aber es lohnt sich ja so oder so doch immer wieder und ganz nebenbei mag ich Belgrad, das ist schon ne feine Stadt mit vielen verschiedenen Gesichtern. Vom Nachmittagsspiel in Vozdovac machten wir uns zu Fuß auf den zweieinhalb Kilometer langen Weg zum Marakana, wie das Stadion Rajko Mitic im Volksmund genannt wird, herüber und schoben zwischendurch noch ne fette Pljeskavica zwischen die Kauleisten. Das Marakana ist eine diese Spielstätten, die von einer gewissen Mystik umgeben werden. Hier schoss Würstchen-Ulli im Finale 1976 seinen Elfer in den Nachthimmel von Belgrad und ebnete der damaligen Tschechoslowakei den Weg zum EM-Titel und ‚Auge‘ Augenthaler brachte die Roten Sterne mit seinem Eigentor in der Schlussminute des Halbfinal-Rückspiels im Europacup der Landesmeister – jaja, damals hieß der unverwässerte Wettbewerb noch so – ins Finale von Bari. Dort erlebte Zvezda dann die größte Stunde der Vereinsgeschichte und holte den Cup ins damalige Jugoslawien. Gerade noch rechtzeitig, denn kurz darauf begann der Ausverkauf und große Spieler wie Prosinecki, Mihajlovic und Savicevic verteilten sich – auch begünstigt durch den ausbrechenden Balkan-Krieg – über Europa. Man muss kein Prophet sein, um festzustellen, dass der Verein solche Triumphe nie wieder erleben wird. Seinen Spitznamen bekam der Tempel, weil er nach seiner Erbauung Anfang der 60er Jahre die erste Zeit als reines Stehplatz-Stadion mit einem Fassungsvermögen von 110.000 Menschen fristete. Heute ist das weite aber durchaus beeindruckende Rund nicht mal mehr für die Hälfte zugelassen und ausverkauft sind die Derbys auch beinahe nie, aber gut gefüllt ist das Marakana dann immer, heute kamen über 38.000 Zuschauer. Gute 6.000 davon werden den Gästen, deren Stadion ja nur 500 Meter entfernt liegt, die Daumen gedrückt haben. Wie immer in zwei getrennten Blöcken, denn es gibt verfeindete Gruppen bei den Grobari, den Totengräbern. Eine kleine Gruppe hat sich abgespalten, dabei geht es weniger um die Macht in der Kurve, als vielmehr um kriminelle Machenschaften, Drogengeschäfte, ein Konflikt, der schon Tote unter den Anhängern gefordert hat. Traurige Sache. Fußball-Kurven sind keine Opernhäuser und ich mag das rauhe Klima ja auch. Gesunde Rivalität ist okay, die darf sich auch mal non-verbal äußern, wenn es im Zuge der ‚Stand your ground‘-Einstellung zu einer zünftigen Keilerei kommt. Aber nur, wenn es im Rahmen bleibt, eher ein Spiel als Ernst. Zu bleibenden Schäden oder gar Todesfolge darf es aber niemals kommen!
Zvezda zog ein riesiges Spruchband hoch, hinter dem Bengal-Fackeln gezündet wurden, welche das Transparent von hinten durchleuchteten – sah gut aus. Dazu wurden einige Breslauer abgebrannt und Silvesterraketen in den Nachthimmel gejagt. Starkes Intro. Die Gäste blieben erst einmal blass. Es fackelte dann bis zur Pause immer wieder mal in der Kurve der Roten Sterne, aber die große Show blieb noch aus. Die hatte nach dem Halbzeit-Tee zunächst die Partizan-Kurve für sich. Eine richtig fette Pyro-Aktion, die den Away-Bereich quasi komplett in Brand setzte. Was für ein Bild! Die Nummer hatte eine starke Rauchwolke zur Folge, die in Richtung Sterne-Kurve zog. Diese wollten sich aber wohl nicht lumpen lassen und öffneten ihrerseits das Fackel-Arsenal. Dicke, von Bengalos durchsetzte Rauchwolken quollen in den Nachthimmel. Leider stand aber immer noch der Qualm der Grobari-Show im Innenraum, so dass der Anblick der Zvezda-Vorstellung optisch etwas geschmälert wurde. Während es dann bis Spielschluss in der Heim-Kurve durchgehend immer wieder irgendwo brannte, beschäftigten sich die Gäste damit, einige Sitze anzuzünden. Den Unsinn habe ich nie verstanden, die Feuerwehr klärte das letztlich. War wieder eine kurzweilige Nummer, auch wenn es das Derby nach subjektivem Eindruck schon intensiver gab. Es fehlte halt auch das Salz in der Suppe, Tore fielen nämlich keine. Der sportliche Nährwert war eh nicht sehr vitaminreich, das war ziemliches Gegurke ohne große Höhepunkte. Gefühlt habe ich bei den live gesehen Derbys zwischen diesen beiden Teams noch nie ein Tor gesehen, aber hauptsächlich reist man ja auch wegen der Show auf den Rängen an.