Samstag, 29.02.2020, 16:30

bosnien-herzegowina

FK Borac Banja Luka vs FK Sarajevo 0:2

Gradski Stadion, 8.000 Zuschauer, Premijer Liga

200229borac-sarajevo

Mit der verehrten Gatten reiste ich mit dem rosa-violetten Billigbomber in die serbische Hauptstadt Belgrad. Für den heutigen Samstag bot sich ein Ausflug ins bosnische Banja Luka an. Die Mietwagen-Übernahme dauerte aufgrund großen Andrangs leider ewig, so dass der anvisierte Zwischenstopp an einem monumentalen Kriegsdenkmal ausfallen musste. Der FK Borac legte in den letzten Jahren eine ziemlich Fahrstuhl-Karriere hin, stieg mehrfach auf und wieder ab, wurde dazwischen aber tatsächlich auch mal bosnischer Meister. Nach dem neuerlichen Aufstieg erlebt der Club aktuell einen kleinen Höhenflug. Mit nur drei Punkten Rückstand auf Tabellenführer FK Sarajevo hat Borac gute Titelchancen und besagter Spitzenreiter war heute zu Gast, Punktgleichheit konnte also erreicht werden. Das Gradski – Gradski bedeutet nichts anderes als städtisch – Stadion ist schon älteren Datums, wurde aber vor einigen Jahren einer Sanierung unterzogen. Lange Jahre musste der Ground mit zwei Tribünen auskommen. Im Zuge der Sanierung wurde dann die Nordkurve errichtet und gab der aktiven Szene eine neue Heimat. Für die Gäste wurde lediglich eine kleine Tribüne mit etwa 250 Plätzen am Rande der gegenüber liegenden Kurve angelegt. Knapp 10.000 Plätze bietet das Stadion nun. Ob Gäste anreisen dürfen, weiß man in Bosnien zu Spielbeginn ja nie so recht. Die Staatsmacht fährt eine rigorose Taktik. Away-Fans dürfen erst deutlich nach Spielbeginn in Stadionnähe und ein gesammelter Bus-Transfer ist Pflicht. Ebenso werden die Gäste auch eine Viertelstunde vor Schluss wieder rausgeschmissen, damit diese vor Spielschluss aus dem Stadionumfeld verschwunden sind. So blickten wir bei Anpfiff in einen leeren Gäste-Käfig. Aber nach etwa zehn Minuten kamen Polizei-Fahrzeuge hinter den Gästeblock gerast und die Ordnungshüter entstiegen hektisch ihren Wagen. Kurz darauf fuhren fünf vollgepackte Busse vor. Sarajevo war eingetroffen und mit ihnen einige Freunde aus Elbflorenz, um das zehnjährige Bestehen der Freundschaft zwischen der Horde Zla und Ultras Dynamo zu feiern. Bis alle Gäste kontrolliert und im Gästeblock waren, war es beinahe Halbzeit und es wurde seitens Horde Zla auch auf Support verzichtet, bis alle Mann drin waren. Ist bei den Spielen mit Beteiligung der großen Clubs schon etwas krank. Viele sehen nur 30 bis 45 Minuten vom Spiel und es gibt halt auch nur Support, so lange alle Mitgereisten im Block sind. Dadurch, dass der Away-Bereich vor Spielschluss geleert wird, können die Gäste-Teams im Falle eines Auswärtssieges diesen also nie mit ihren Anhängern feiern.
Zu Spielbeginn passierte auf den Rängen daher noch herzlich wenig. Der Borac-Block zündete zwei Fackeln und ließ dann eine dünne Rauchsäule aufsteigen. Mitte der ersten Hälfte wurde es dann lebhafter. Die Heimkurve zeigte ihre vorbereitete Choreo. Mit Luftballons und einer Blockfahne wurde die serbische Nationalflagge abgebildet und ein großes Banner mit dem Wortlaut „Willkommen in der Republik Srpska“ am Zaun präsentiert. Es wurde also mal wieder Politik ins Stadion getragen, wird in der ethnisch zerrissenen Balkan-Region ja gern mal gemacht. Der Staat Bosnien-Herzegowina besteht aus der Republik Srpska und der Föderation Bosne i Herzegovine. Diese beiden einzigen Bundesstaaten des Landes sind einander nicht wirklich freundlich gesinnt und waren ja auch Gegner im Bosnien-Krieg. Sarajevo ist, obwohl nur zu einem kleinen Teil der Republik Serbien zugehörig, per Verfassung Hauptstadt des Landes und beider Bundesstaaten. Banja Luka ist aber prinzipiell ohne offiziellen Titel Hauptstadt der Srpska, da dort die Regierung und die Administration sitzt. Die Choreo sollte also die Gäste wohl mal daran erinnern, wo sie sich befinden. Spielerisch war es schwere Kost. Borac gelang nicht viel und die Gäste netzten kurz vor dem Pausenpfiff zur Führung ein. Nach dem Wechsel waren dann auch die Away-Fans akustisch dabei. Grundsätzlich war das von beiden Seiten in Ordnung. Der Support auf dem Balkan ist nach meiner Meinung immer schwer zu bewerten, weil die dunklen, kehligen Männerstimmen keine brachiale Lautstärke zulassen. Eine gute Viertelstunde war dann im zweiten Durchgang gespielt, als die Borac-Szene eine schöne Pyro-Aktion brachte. Und plötzlich war es etwas dunkler. Ein Flutlichtmast in der Heimkurve war ausgefallen, weil der Verteilerkasten Feuer gefangen hatte. Zuerst dachte ich, eine Fackel hätte sich verirrt, aber es muss sich schlicht um einen Kurzschluss gehandelt haben. Der Schriri war jedenfalls von Zweifeln geplagt und bat die Akteure in die Kabine. Totaler Schwachsinn, Licht war noch genug da, aber vielleicht musste er sich erst den Segen der TV-Anstalten und Verbandsbosse holen und nach etwas mehr als zehn Minuten ging es dann weiter. Den Gastgebern hatte die Unterbrechung nicht geholfen, denn Sarajevo hatte die Geschichte im Griff und stellte das auch mit dem zweiten Treffer zwanzig Minuten vor Schluss klar. Der Meister wird als auch in dieser Saison sehr wahrscheinlich wieder aus Sarajevo kommen. FK und Zeljeznicar müssen das nur noch unter sich klären, wer die Schale nachher in den Himmel reißen darf. Auf dem Rückweg nach Belgrad erlebten wir dann noch eine absolute Dämels-Aktion eines Franzosen, der es an der letzten Mautstation vor der Grenze eine gute Idee fand, die Straßengebühr zu prellen und in Tuchfühlung hinter uns durch die Schranke und an uns vorbei preschte. War aber nicht wirklich zu Ende gedacht, die Nummer, denn fünf Kilometer weiter sahen wir den Schwachkopf an der Landesgrenze wieder. Und zwar umringt von vier Grenzschützern, die sich der Sache annahmen. Ich sag es immer wieder – Franzosen gehören auf einen eigenen Planeten, bei denen stimmt was nicht unter der Hirnrinde.