Samstag, 19.10.2019, 15:00

bosnien-herzegowina

FK Velez Mostar vs HSK Zrinjski Mostar 1:0

Stadion Rodeni, 5.000 Zuschauer, Premijer Liga

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Nach drei Jahren in der Zweitklassigkeit ist der FK Velez wieder in die höchste Spielklasse Bosnien-Herzegowinas aufgestiegen und begrüßte den Orts-Rivalen HSK Zrinjski erstmals wieder zum Derby im heimischen Stadion. Während Velez magere Jahre hinter sich hat, gehört Zrinjski eigentlich jeder Saison zum Kreis der Titel-Anwärter. Das Verhältnis zwischen beiden Clubs ist nicht unkompliziert. Velez, benannt nach dem sich östlich der Stadt Mostar aufbauenden Berg-Massiv, hat große Tradition in Mostar. Erstmalig habe ich diesen Verein als Jugendlicher wahr genommen, als Borussia Dortmund im UEFA-Pokal gegen Velez antreten musste. 1987 war das, womit mir auch wieder bewusst wird, was ich mittlerweile für ein alter Zahn bin. Velez verstand sich als Verein aller Mostarer. Bis Anfang der 90er Jahre der Krieg um Bosnien ausbrach. Im Verlauf des Krieges ergab es sich, dass der Fluss Neretva, welcher die Stadt von Norden nach Süden durchfließt, diese faktisch ethnisch in eine kroatische, westliche und eine bosniakische, muslimisch geprägte, östliche Seite teilte. Auch in der heutigen Zeit, in der sich die Lage natürlich beruhigt hat, ist diese Teilung durchaus noch wahrzunehmen. Dennoch leben die Einwohner Mostars prinzipiell friedlich miteinander, wobei es mich hier wie an vergleichbaren Orten fasziniert, dass Ethnien, die sich feindselig und mit vielen Todesopfern als Folge gegenüber standen, es heute nach relativ wenigen Jahren schaffen, neben- und miteinander zu leben. Wenn Velez und Zrijnski aufeinander treffen, tritt der Konflikt allerdings wieder zu Tage.
Zrijnskis Vergangenheit erscheint ein wenig ungeklärt. Zwar gibt der Verein 1905 als Gründungsjahr an – am Spielbetrieb teilgenommen hat der Verein aber nie. Zu Zeiten Jugoslawiens war der Club verboten, wurde dann aber kurz nach Ausbruch des Krieges reanimiert. Nach Kriegs-Ende bekam Zrijnski das Stadion Bijeli Brijeg zugesprochen. Ein Stich ins Herz eines jeden Velez-Fans, da der Verein seit Stadion-Eröffnung dort gespielt hatte. Aber das Bijeli Brijeg liegt im Westen Mostars und gehört der dortigen Gemeinde. Der HSK Zrinjski versteht sich als Club des Mostarer Westens, wo eben überwiegend Kroaten leben. Das H im Vereinskürzel steht für Hrvatski, also kroatisch. Auch das Stadion-Thema heizt die Derbys also an, denn Velez landete auf der Suche nach einer neuen Spielstätte im nördlich gelegenen Vorort Vrapcici und ist bemüht, einen ehemals einfachen Sportplatz nach und nach zu einem vorzeigbaren Stadion auszubauen. Genau lässt sich nicht erkennen, wo in der Stadt die Linie zwischen Zrinjski und Velez verläuft. Klar ist, dass die Gebiete östlich der Neretva zu Velez gehören und der Westen generell zu Zrinjski. Graffitis zeigen aber deutlich, dass auch westlich des Flusses, in den Vierteln südlich der Stari Most, der im Krieg zerstörten und vor Jahren wieder errichteten alten Brücke, Velez-Gebiete liegen. Dagegen findet man nördlich von Vrapcici wiederum Zrinjski-Graffitis auf beiden Seiten des Flusses. Wie auch immer – man mag sich nicht, aber nach meinem Eindruck scheint die Abneigung nicht über ’normale‘ balkan-typische Rivalität hinaus zu gehen, die natürlich aber auch mal in entsprechende Begleiterscheinungen ausartet. Während der Anhang von Zrinjski keinen Hehl daraus macht, dass man sich als Club der Kroaten sieht, ist Velez wohl bemüht, nicht in eine derartige Schublade gesteckt zu werden, was aber kaum gelingen kann, denn die ethnische Abgrenzung zwischen den Anhängern ist offensichtlich.
Der FK Velez stand nur knapp über der Abstiegs-Region und ging als Außenseiter in die Partie gegen ein Team aus dem Kreis der Titel-Kandidaten. Volles Haus war angesagt, viel fehlte nicht zur Sold-Out-Meldung. Während die Red Army auf der Osttribüne bereits inbrünstig im typischen Balkan-Sound ihre kehligen Gesänge ins Stadion schmetterte, wurden fünf Minuten nach Spielbeginn die Gäste in mehreren Minibussen in zahlreicher Polizei-Begleitung angekarrt. Die späte Anreise unter Kontrolle der Staatsmacht, ist ja ebenso Usus, wie die Nötigung zur Räumung des Gästeblocks zehn Minuten vor Spielschluss. Dieses natürlich, um ein direktes Aufeinandertreffen der Kontrahenten nahezu unmöglich zu machen. Das Spiel entwickelte sich zum offenen Schlagabtausch auf eher mäßigem Niveau mit leichten Vorteilen für Velez. Sicher – fußballerische Glanzpunkte wird man auf dem Balkan nur selten erleben, da alles, was halbwegs kicken kann, sein Glück in West- und Mitteleuropa sucht. Zrinjski mag die besseren Einzelspieler haben, aber die Gastgeber machten das durch Kampf und Willen mehr als wett. Große Aufreger blieben dennoch aus und irgendwann war mir klar, dass es nur torlos ausgehen kann, wie es ja leider oft der Fall ist, in brisanten Spielen, in denen man sich als neutraler Beobachter einfach nur ein Tor wünscht, damit man echte und ehrliche Emotionen erleben kann. Als dann der Gäste-Anhang gerade in die Busse verfrachtet wurde, passierte es doch noch. Drei Minuten vor Spielschluss drückte ein Velez-Akteur die Murmel nach einer Ecke aus kurzer Distanz in die Maschen und brachte die Menge zum Ausrasten. Die letzten Minuten wurden überstanden und dann war es geschafft, der favorisierte Rivale besiegt. Das Stadion Rodeni wird – wie erwähnt – in einzelnen kleinen ausgebaut. Vor kurzem wurde die Nordtribüne verbreitert und mit ein Dach versehen. Die Nordtribüne auf der Längsseite wurde ebenfalls schon mit Fundamenten für ein Dach erbaut, so dass man auch dort eines Tag geschützt das Spiel verfolgen kann. Und vor wenigen Tagen wurden von der Kommune auch Gelder für den Bau einer Flutlichtanlage bewilligt. Es geht also voran in Vrapcici. Das Highlight des Stadions ist allerdings die Kulisse, die sich hinter dem östlichen Tor aufbaut, nämlich die Bergkette, die dem Club seinen Namen gibt.