Freitag, 11.10.2019, 19:30

deutschland

Rot-Weiss Essen vs SC Fortuna Köln 0:1

Stadion Essen, 10.095 Zuschauer, Regionalliga West

19rwedauer

Da macht sich Ernüchterung breit. Die dritte Saison-Niederlage, gleichzeitig die dritte in Folge, bringt die rot-weisse Gemeinde endgültig auf den Boden der Tatsachen. Der phänomenale Saisonstart hat sicherlich größere Hoffnungen geschürt, als förderlich waren. Ein kleines Zwischen-Fazit… betrachtet man den bisherigen Verlauf detailliert, stehen zu Saisonbeginn glückliche Last-Minute-Siege gegen die Zweitvertretungen des BVB und des 1.FC Köln, ein Pflichtsieg beim Aufsteiger Homberg und ein gerechtes Remis in Rödinghausen. Die Siege gegen Wattenscheid, Bonn und in Lippstadt waren sicherlich verdient aber nicht restlos überzeugend. Richtig stark und annähernd unüberwindbar zeigte sich das Team nur in Oberhausen und beim Pokalsieg gegen den KFC. Die anspruchsvollen Aufgaben gegen Verl und beim Mönchengladbacher Nachwuchs wurden direkt vergeigt, wenn auch nicht zwangsläufig. Was ich mit dieser Auflistung ausdrücken will, ist dass der ziemlich optimale Saisonstart auch durch glückliche Wendungen begünstigt war. Dennoch wurden bei vielen, von der Erfolglosigkeit der letzten Jahre gebeutelten und nun nach besseren Zeiten dürstenden Anhängern große Hoffnungen geschürt. Erkennen zu müssen, dass die Nummer kein Selbstläufer wird, sorgt für lange Gesichter. Die aktuelle Heim-Pleite gegen die Kölner Fortuna war aber eigentlich – zumindest in Halbzeit eins – die erste wirklich schlechte Leistung. Die Mannschaft brauchte einige Minuten, um sich zu sortieren und ersten Druck auf die Gäste auszuüben. Ein vermeidbarer Freistoß aus 25 Metern oder mehr, ungefähr Mitte der ersten Halbzeit, brachte dann den Riss. Keeper Lenz stellte nur eine Zwei-Mann-Mauer. Kann man bei dieser Entfernung machen, um bessere Sicht zu haben, aber dann muss man das Ding auch schnappen. Stattdessen rutschte die nicht zu hart geschossene Kirsche flach ins Eck. Plötzlich ging gar nix mehr. Der Spielaufbau geriet völlig ins Stocken, viele Fehlpässe wurden gespielt, die sichere Überbrückung des Mittelfeldes klappte nicht mehr. Und kam man doch bis in den 16er, wurden dort die falschen Entscheidungen getroffen. In der zweiten Hälfte zeigten sich die Roten verbessert, aber bei weitem nicht zwingend. Auch in der Schlussphase, in der man vielleicht besser auf Brechstange umgestellt hätte, statt es weiter mit geordnetem Aufbau zu versuchen, bekam der Zuschauer nie wirklich das Gefühl, dass die Wende noch gelingen könnte. So waren auch zum ersten Male in der ’neuen‘ Ära Pfiffe zu hören. Auch die Ultra-Szene rollte nach dem Schlusspfiff wortlos ihre Fahnen ein und verließ die Westkurve. Ein Hauch von Resignation war zu bemerken. Dabei ist es dafür viel zu früh. Noch nicht einmal ein Drittel der Saison ist gespielt, alles ist noch völlig offen. Nachdenklich macht mich nur, dass Trainer und Mannschaft auf die im Spiel entstandene Situation unvorbereitet wirkten. Die Fortunen handelten im Rahmen ihrer Möglichkeiten geschickt. Die Stürmer liefen die Deckung hoch an und setzten diese unter Zeitdruck, was fruchtete, wie die vielen Fehlpässe vor allem nach dem Gegentreffer in der ersten Halbzeit bewiesen. Dazu wurden nach der Führung zwei homogene  Vierer-Ketten geschnürt, eine Mitte der eigenen Hälfte, eine unmittelbar vor dem Strafraum. Und dem RWE fehlten (zumindest heute) die Mittel durchzubrechen. Eine System-Umstellung wäre zwingend nötig gewesen, aber diese passierte nicht. Wollte man nicht oder konnte man nicht? Die Erkenntnis aus dieser Niederlage muss sein, dass man flexibler werden muss. Nur ein System zu beherrschen reicht nicht aus, wenn man mittelfristig erfolgreich sein will, darin sehe ich die Hauptaufgabe. Es steht zu befürchten, dass die Gegner nun genug Anschauungsunterricht genommen haben, wie gegen das ‚Titzsche System‘ zu spielen ist, dieses also sozusagen entschlüsselt haben. Auch an den Aussetzern in der Defensive muss weiter gearbeitet werden. Und dennoch bleibt es dabei, dass man sich einem Aufstieg natürlich nicht verwehren würde, dieser aber kein Muss darstellt. Das sollten sich die Zweifler und Skeptiker, die sich nun schon wieder im Recht fühlen, ins Bewusstsein rufen. Die Vereinsführung hat proklamiert, dass zwei Sommer-Transferperioden erforderlich sind, um ein schlagkräftiges Team zusammen zu stellen und eine Spielidee zu verinnerlichen. Wie schon ein Mal erwähnt, diese Zeit muss der Rot-Weiss-Anhang dem Verein zugestehen. Also gilt es weiter zusammenzustehen und Geduld zu haben, so schwer es vielen auch fällt.